Körperschaftsteuerlicher Verlustabzug – Verlustabzugsbeschränkung bei Gesellschafteraufnahme oder -wechsel teilweise verfassungswidrig

Stand:
Thematik: Recht GmbH-Spezial

Nach der bisher geltenden Regelung des Körperschaftsteuergesetzes fallen bei Anteilserwerben unter Umständen bisher nicht genutzte Verluste weg und können damit auch nicht mehr in Folgejahren einkommensmindernd berücksichtigt werden. In Ausgabe 1/2017 hatte das SHBB Journal über eine gesetzliche Neuregelung berichtet, die bei einem Wechsel beziehungsweise einer Neuaufnahme von Gesellschaftern bisher nicht genutzte Verluste aus Vorjahren unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen erhalten soll. Nunmehr hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit einem Beschluss aus März 2017 entschieden, dass die bisherige Regelung zur Verlustabzugsbeschränkung teilweise verfassungswidrig ist.

Bei einem sogenannten qualifizierten Anteilseignerwechsel fallen nach der aktuell geltenden gesetzlichen Vorschrift zum Verlustabzug bei Körperschaften nicht genutzte Verluste weg. Immer dann, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 25 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Stimmrechte, der Mitgliedsrechte oder der Beteiligungsrechte an einen Erwerber übertragen werden, kommt es je nach der Höhe des Erwerbs zu einem anteiligen und bei Erwerben von mehr als 50 Prozent sogar zu einem vollständigen Wegfall der bisher steuerlich ungenutzten Verluste. Dies ist insbesondere bei jungen Unternehmen mit Anlaufverlusten problematisch, da diese oft zur Unternehmensfinanzierung Anteilseigner neu aufnehmen oder Gesellschafter auswechseln.

Beispiel: Eine GmbH hat aus den Vorjahren einen Verlustvortrag in Höhe von 100.000 Euro.
Fall 1: Innerhalb von fünf Jahren kommt es zu einem Erwerb von 35 Prozent durch einen Erwerber; vom Verlustvortrag fällt ein Teilbetrag von 35.000 Euro ungenutzt weg.
Fall 2: Innerhalb von fünf Jahren kommt es zu einem Anteilserwerb von mehr als 50 Prozent; der Verlustvortrag von 100.000 Euro geht vollständig verloren.

Nach dem Beschluss des BVerfG ist der anteilige Wegfall des Verlustvortrags bei Anteilserwerben innerhalb von fünf Jahren von mehr als 25 Prozent und bis zu 50 Prozent nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Durch die Regelung im Körperschaftsteuergesetz werden Kapitalgesellschaften unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob ein sogenannter qualifizierter Anteilserwerb vorliegt oder nicht. Für diese Ungleichbehandlung gebe es jedoch keinen sachlich einleuchtenden Grund. Das Ziel dieser Gesetzesvorschrift, den Handel mit vortragsfähigen Verlusten durch sogenannte Mantelkäufe zu verhindern, sei zwar legitim, allerdings könne nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht allein an die Übertragung eines Anteils von über 25 Prozent angeknüpft werden, um missbräuchliche Gestaltungen zu typisieren. Dem Gesetzgeber wurde vom BVerfG bis zum 31. Dezember 2018 Zeit eingeräumt, rückwirkend für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2015 den festgestellten Verfassungsverstoß zu beseitigen. Sollte der Gesetzgeber dieser Verpflichtung nicht nachkommen, wäre die gesetzliche Regelung im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nichtig.

Unser Rat:

Sollte es bei Ihnen in dem betroffenen Zeitraum zu einem Verlustwegfall im Zuge eines qualifizierten Anteilseignerwechsels gekommen sein, setzen Sie sich bitte mit Ihrem steuerlichen Berater in Verbindung, damit die betroffenen Steuerbescheide, sofern formal noch möglich, offen gehalten werden. So können Sie von einer möglichen positiven Neuregelung später noch profitieren. Auch für Anteilsübertragungen von mehr als 50 Prozent und für Übertragungen, die nach dem 31. Dezember 2015 erfolgten, sollten die Bescheide weiter offengehalten werden, da für diese Fälle die Frage der Verfassungsmäßigkeit weiterhin nicht geklärt ist und entsprechende Verfahren beim BVerG anhängig sind.

 

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